Verkehrsübungsplatz

Verkehrsübungsplatz

Im Freibereich vieler Grundschulen ist eine Verkehrsübungsfläche vorgesehen. Nahezu ausschließlich durch improvisierte, farblich nachempfundene engmaschige Straßensituationen gekennzeichnet. In diesem Schonraum von Schulhofflächen sollen Verkehrsregeln und die richtigen Verhaltensweisen für den Aufenthalt im Straßenverkehr von Grundschulkindern eingeübt und erlernt werden. Das im 3. Und 4. Schuljahr mit abschließender Fahrradprüfung als Höhepunkt. Insgesamt wird dieses Thema als fächer- und jahrgangsübergreifend angeboten. Praktisch eingeübt und erlernt werden soll auf dem Verkehrsübungsplatz auf dem Schulhof, neben der grundsätzlichen Verkehrssicherheit und Teilnahme am Straßenverkehr, das Training der Fahrfertigkeit und Fahrbeherrschung. Zudem sich künftig im realistischen Straßenverkehr und den dort geltenden Verkehrssituationen zurechtzufinden. Das durch psychomotorische Übungen mit dem Fahrrad und anderen nichtmotorisierten Zweirädern. Das betrifft die Regeln von Vorfahrt und Abbiegen, Kreuzungsbereiche, Zebrastreifen als Fußgängerüberwege, Regeln zum Abstand, den Spurwechsel sowie unter anderem die Beachtung von Straßenmarkierungen. Demnach ganz realistische Angebote. Das Konzept Fahrradparcours, der unter anderem im Fachbereich Verkehrserziehung der jeweiligen Landkreise durch die Kreisverkehrswacht bzw. über Erlasse der jeweiligen Bundesländer für Grundschulen festgeschrieben ist, verfolgt parallel auch Übungen zur Förderung der Konzentration sowie der Geschicklichkeit, die Bestandteil ist, um sicher am Straßenverkehr teilnehmen zu können.

Analysiert man nun diese als Standard eingefärbten Flächen für das Einüben der Teilnahme mit dem Fahrrad im Straßenverkehr fällt auf, dass es eine Diskrepanz gibt zu solchen ungestalteten, mit weißer Farbe gekennzeichneten Fahrradparcours und der Realität draußen in der Stadt. Die Gesamtfläche ist, gleich wo am sich aufhält, komplett einsehbar. Demnach keine echte Motivation komplexe Straßenverhältnisse ernsthaft anzunehmen. Im urbanen Raum, also in der Realität, gibt es jedoch eine Vielzahl von zu beachtenden Verkehrssituationen neben und an den Straßenführungen. Ein Beispiel sind oftmals fehlende direkt einsehbare Sichtachsen, wenn man das Ziel hat abzubiegen. Demnach sind Fahrradparcours im Grunde realitätsfremde Gebilde. Durch ihre eher einseitige, wenig fachübergreifende Zielsetzung sind sie sogar dann ein Hindernis im Gesamtkontext Schule als Bildungshaus, wenn die Absicht besteht den kaum zonierten und mangelnd begrünten Schulhof verändern zu wollen. Vorausgesetzt man bleibt einer solchen sterilen Schulhofgestaltung verbunden oder es fehlt an der landschaftsplanerischen Fantasie, dass es auch anders gehen kann.

Das Team der Forschungsstelle für Frei- und Spielraumplanung (FFS) hat sich diesem Sachverhalt gestellt und einen innovativen Fahrradparcours für Schulhöfe entwickelt, der einerseits sehr realitätsnah einen Verkehrsübungsplatz anbietet, aber andererseits dafür sorgt, dass viele bisher ungestaltete Randflächen der Straßenbereiche für sinnlich andere erlebbare und nutzbare Bereiche über verkehrsbezogen Lernerfahrungen hinaus nutzbar sind. Das durch modulare, sinnlich anregend vielfach grün gestaltete naturnahe Raumangebote mit Aufforderungscharakter, die über sozialintegrative Mehrnutzungsmöglichkeiten den Schulhof als Forscherhof (SaF) bereichern. Zudem sorgt man neben dem durch diese Gestaltung erzielten Kodierungsanspruch, sei es in der Sanierung des Schulhofs als Forscherhof oder als Neuanlage dafür, dass sich dadurch neben der Nutzung als Fahrradparcours ein angehobenes Wohlbefinden einstellt und sich dadurch ein starkes Konzentrationspotential, sowie eine erhöhte, nachhaltige Lernbereitschaft einstellt. In jedem Falle aber führt dieses Innovationskonzept dazu, Schulhöfe auch als Freiräume zu verstehen, welche dauerhaft dafür sorgen, dass die Themen Biodiversität und Klimawandel praxisnah und lösungsorientiert als Lernangebote in Grundschulen sind. Also um ein Vielfaches mehr als der Versuch, Schülerinnen und Schüler – aus der Sicht der FFS im Grunde verspätet – ein Angebot zu geben, das die jungen Menschen befähigt, sich sicher im Straßenverkehr bewegen zu können.